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Durch das Oberlandesgericht Hamm wurde am 21.12.2017 entschieden, dass auch dann wenn der Auffahrende maßvoll die empfohlene Richtgeschwindigkeit überschreitet, der Spurwechsler haftet (Az. 7 U 39/17).

 

Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Spurwechsler den rückwärtigen Verkehr gar nicht beachtet hat. In diesem Fall hat sich die mit der Überschreitung der Richtgeschwindigkeit verbundene Gefahr des Unterschätzens der Annäherungsgeschwindigkeit des rückwärtigen Verkehrs nicht verwirklicht.

 

Der BGH hatte in dem Urteil vom 17.03.1992 entschieden, dass ein Unfall abwendbar ist, wenn die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h überschritten wird (Az. VI ZR 62/91). Der BGH hatte seine Ansicht, wonach nur derjenige, der die Richtgeschwindigkeit einhält „Idealfahrer“ ist, damit begründet, dass die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit erfahrungsgemäß die Gefahr erhöhe, dass sich ein anderer Verkehrsteilnehmern auf diese Fahrweise nicht einstellt. Eben dieser Gefahr trage der Idealfahrer durch Einhaltung der Richtgeschwindigkeit Rechnung. Da sich in aller Regel bei Überschreitung der Richtgeschwindigkeit die Gefahr des Unterschätzens der Geschwindigkeit durch den Spurwechsler realisiere, obliegt es dem Auffahrenden nachzuweisen, dass es auch bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit zu dem Unfall mit vergleichbar schweren Folgen gekommen wäre.

 

Allerdings hatte sich in dem von dem OLG Hamm entschiedenen Fall dieses Risiko gerade nicht verwirklicht. Aus diesem Grunde kam es auf die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit nicht an.

 

Aus der Entscheidung des OLG Hamm folgt, dass nicht schematisch bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von einer Haftung des Auffahrenden auszugehen ist, sondern dieser Verkehrsverstoß unerheblich sein kann, wenn einerseits die Geschwindigkeitsüberschreitung nur geringfügig ist und der Spurwechsler den rückwärtigen Verkehr nicht beachtet hat.